Zensursula

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In was für einem Land leben wir?

Im Iran werden die Medien zensiert. Seit der „Wiederwahl“ von Ahmadinedschad zum iranischen Präsidenten sind die Straßen dort nicht mehr sicher, soviel wurde berichtet. Trotzdem wird es für die ausländischen Reporter immer schwieriger objektive Berichte abzuliefern, da die Journalisten ihre Büros nicht mehr verlassen dürfen und ihre Visa nicht verlängert werden. Handynetze und das Internet werden zeitweise abgeschalten um die Koordination der Aufstände zu erschweren. Auf diese Weise kann ein Regime Aufstände und Demonstrationen gewaltsam niederschlagen – oder eben auch Wahlen gewinnen – ohne dass die Details veröffentlicht werden. Oder weiß jemand wie viele Opfer es am 4. Juni 1989 in Peking gab?

Naja, bei uns in Deutschland passiert sowas nicht. Wir haben Gewaltenteilung und eine ordentliche Demokratie ohne Zensur. Letzteres sichert uns schon das Grundgesetz in Ar†ikel 5 zu. Noch dazu haben wir ja über den Petitionsausschuss einen „direkten Weg zum Parlament“ (was übrigens auch zu unseren Grundrechten gehört). In der kostenlosen Broschüre zum Petitionsausschuss schreibt die Vorsitzende Kersten Naumann

Für mich ist der Petitionsausschuss ein sehr wichtiges Instrument der Demokratie. Er ist das Bindeglied zwischen Bürgern und Bundestag. […]

Das hört sich so richtig gut an: so stelle ich mir Demokratie vor.

Der Missbrauch von Kindern, sowie die Verbreitung von Material, welches diesen dokumentiert ist seit vielen Jahren bei uns in Deutschland (wie auch den meisten anderen Ländern – darunter alle europäischen Staaten) verboten. Die Betreiber von Internetseiten, auf denen solches Material zu finden ist, können also nach geltendem Recht verfolgt und bestraft werden und es ist eine Leichtigkeit die Seiten vom Netz zu bekommen. Natürlich gibt es auch Internetseiten die in Staaten betrieben werden, in denen dies so nicht zutrifft. Außenpolitisch werden solche Themen allerdings wenig bis gar nicht diskutiert. Dafür hat die Bundesregierung nun ein Gesetz auf den Weg gebracht, welches die Sperrung von Internetseiten vorsieht. Experten bezweifeln eine sinnvolle technische Umsetzung, auch weil die geplanten Maßnahmen in 27 Sekunden umgangen werden können. Betroffene fühlen sich von der Politik missbraucht und kritisieren die Vorhaben. Netzaktivisten Demonstrieren auf Internetseiten, gehen auf die Straße und schreiben Blog-Einträge. Viele Bürger nutzen ihre Chance sich in die Politik ein zu mischen, indem sie eine Petition unterzeichnen, welche die Ablehnung des Gesetzes fordert. Über 134.000 machen diese Petition zur erfolgreichsten aller Zeiten. All das wird ignoriert, ohne dass belastbare Argumente angebracht werden. Im Gegenteil: die Zahlen, welche verwendet werden um für das Gesetz Stimmung zu machen scheinen zumindest mehrere Interpretationsmöglichkeiten zu bieten. Trotzdem: am 18. Juni wird ein Gesetz durch den Bundestag gewunken, dabei entzieht es sich meiner Vorstellungskraft, wie die Abgeordneten der Meinung sein können, hier im Interesse des Volkes zu handeln. Dazu kommt noch, dass viele das Gesetz und die nötige Infrastruktur für nicht mit dem Grundgesetz vereinbar halten.

Die heutige Denkbeteiligung ist also: Wollen wir eine Regierung die sich so wenig um Bürgerinteressen und Grundrechte schert? (Unabhängig vom sachlichen oder emotionalen Inhalt des Gesetzes!)

Weitere Links zu den Themen:
Web2.0 – Chancen für den Iran, Gefahr für Deutschland?
Über welches Gesetz wurde eigentlich im Bundestag abgestimmt? – Fefe hinterfragt.
Der SPD laufen Mitglieder davon